Kinder und Diabetes ist und bleibt ein schwieriges Thema. Familienfreundlich ist unsere Autoimmunerkrankung sicherlich nicht und unter jugendlichem Spaß verstehen wir alle auch etwas anderes.
Was die Krankheit für Kinder so unerträglich macht, ist die Tatsache, dass das Insulin auf diese unangenehme Art und Weise verabreicht werden muss. Nämlich in Pen-, Pumpen- oder sogar noch in der Spritzenform. Das bedeutet immer einen unliebsamen ,,Pieks“ am Körper und das mehrmals am Tag.
Und das mit den Kanülen, Spritzen und Injektionen ist wie mit der allgemeinen Spinnen-Phobie: Eigentlich weiß man ja, dass es ,,nur“ kurz einmal sticht. Davon stirbt man nicht. Aber trotzdem kriecht dem gesunden schon ein kalter Angst-Schauer über den Rücken, wenn er nur zur Impfung soll.
Jetzt wurde jedoch heraus gefunden, dass insbesondere Kinder und Jugendliche es meistens nicht schaffen, ihren angestrebten Blutzuckerwert auch zu erreichen. Es wird gemault, getrotzt und sich gegen die Krankheit gewehrt, was oft auch zur Folge hat, dass die Arztbesuche verschlampt und nicht wahr genommen werden.
Was genaue Ursache ist, bleibt ungeklärt. Aber es gibt natürlich viele Theorien. Einmal die gefühlte Ungerechtigkeit. ,,Warum ausgerechnet ich?“ Wird sich besonders so mancher Jugendlicher fragen. Und für Kinder ist es noch einmal schwerer, zu begreifen, wieso er sich solchen unangenehmen Prozeduren unterwerfen muss.
Die nächste ist die Ablehnung von Autoritäten. Die Eltern, die Ärzte und sogar Tanten und Onkel wollen nur das Beste und haben einen Haufen Ratschläge mit im Handgepäck, welche sie den Patienten mit auf dem Weg geben wollen. Die sind jedoch erst einmal nur völlig genervt und reagieren trotzig. Die Selbstständigkeit sieht man quasi den Abguss runter gespült, nachdem man Diabetes diagnostiziert bekommen hat. Gerade sechzehn geworden hat man sich auf das bisschen Erwachsensein gefreut, das einem jetzt zugebilligt wird. Und jetzt das. Plötzlich wird man in Zeiten zurück versetzt, als man während der Abenddämmerung nach Hause kommen musste. Die ständigen Fragen nach dem Blutzucker und ob man schon gegessen hat, was man gegessen hat und über das allgemeine Wohlbefinden – das nervt. Und zwar nicht zu knapp.
Aber natürlich sind das eben alles nur Theorien. Ich glaube auch, dass vieles mit der Pupertät zusammen hängt, aber dass man es auch nicht überinterpretieren sollte. Natürlich winken Folgeerkrankungen wie der Schlaganfall, aber mit so etwas setzt man sich als Fünfzehnjährige einfach nicht auseinander. Die eigene Sterblichkeit ist so weit weg, als würde man die Unendlichkeit des Universums beschreiben wollen. Die Verantwortung für die Krankheit und die angebrachte Ernsthaftigkeit ist ein wachsender Prozess, der sich nur schleichend einstellt. Man entwickelt mit der Zeit einfach ein Gefühl für die Krankheit und lernt, mit ihr zu leben. Von daher finde ich es gar nicht so schlimm, dass in jungen Jahren nicht so gut eingestellte Diabetiker üblich sind.
Mal davon abgesehen, dass es auch für Diabetiker oft unverständlich ist. Finn ist ein positives Beispiel dafür, dass Studien eben immer nur theoretisch sind und die Praxis manchmal eine ganz andere. Er erzählt, dass er ,,damals“ keine Probleme gehabt hat und fragt sich, genau wie ich, was eigentlich das wirkliche Problem ist.